Das Streben nach Gleichberechtigung begann mit dem Feminismus, und ich bin dankbar für das stetige Engagement vieler Frauen, insbesondere von Alice Schwarzer. Dank dieser Bemühungen geniesse ich heute als Frau Rechte und Freiheiten, die früher nicht selbstverständlich waren.
Doch wenn es um die sprachliche Anpassung durch Gendern geht, empfinde ich persönlich, dass es zu weit geht. Ehrlich gesagt finde ich es oft mühsam und bedauerlich, wenn der Fokus so stark darauf gelegt wird.
Warum ich mich gegen das Gendern entscheide
Das Thema Gendern wird kontrovers diskutiert. Während viele die sprachliche Anpassung als einen Schritt in Richtung Gleichberechtigung betrachten, gibt es auch gute Gründe, warum manche Menschen darauf verzichten. Hier sind einige Überlegungen, die gegen das Gendern sprechen:
1. Sprache als Kommunikationsmittel
Sprache dient in erster Linie der Kommunikation und dem Austausch von Informationen. Komplexe oder ungewohnte Genderformen können diese Funktion beeinträchtigen, indem sie Texte schwerer lesbar und verständlich machen. Besonders in offiziellen Dokumenten, wissenschaftlichen Texten oder für Menschen mit Sprachbarrieren (z. B. Nicht-Muttersprachler*innen) kann das Gendern zu Verwirrung führen.
2. Künstlichkeit und Ästhetik der Sprache
Viele empfinden das Gendern als eine künstliche Veränderung der Sprache, die ihren natürlichen Fluss stört. Formen wie „Bürger*innen“ oder „Leser:innen“ wirken für einige ungewohnt oder sperrig, was die Lesbarkeit und den Schreibstil beeinflussen kann.
3. Sprache verändert sich organisch
Sprache hat sich über Jahrhunderte organisch entwickelt und passt sich langsam gesellschaftlichen Veränderungen an. Kritiker des Genderns argumentieren, dass eine erzwungene Änderung durch Regeln oder Vorschriften nicht nachhaltig ist, da sie von einem großen Teil der Bevölkerung nicht akzeptiert wird.
4. Gleichberechtigung beginnt im Handeln, nicht in der Sprache
Ein häufiger Kritikpunkt ist, dass sprachliche Veränderungen allein nicht ausreichen, um gesellschaftliche Ungleichheiten zu beseitigen. Echte Gleichberechtigung erfordert strukturelle Änderungen, wie gleiche Löhne, besseren Zugang zu Bildung und mehr Unterstützung für Eltern – unabhängig vom Geschlecht.
5. Fokus auf Inhalte statt auf Form
Das Gendern lenkt den Fokus oft von den eigentlichen Inhalten eines Textes ab. In Diskussionen über wichtige Themen wie soziale Gerechtigkeit, Bildung oder Umweltschutz könnte die Energie besser in Lösungen für die zugrunde liegenden Probleme investiert werden, anstatt in Debatten über sprachliche Details.
6. Inklusivität erfordert mehr als Gendern
Ein weiteres Argument ist, dass Gendern nicht automatisch inklusiv ist. Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen oder Menschen, die Schwierigkeiten mit dem Lesen haben, könnten durch das Gendern zusätzlich benachteiligt werden. Wahre Inklusivität sollte alle berücksichtigen, nicht nur geschlechtliche Aspekte.
7. Geschlechtsneutralität ist bereits angelegt
Die deutsche Sprache verfügt bereits über geschlechtsneutrale Formen, die in vielen Kontexten genutzt werden können, z. B. „Studierende“ statt „Studenten und Studentinnen“. Für manche reicht es, diese vorhandenen Möglichkeiten bewusster zu nutzen, anstatt neue Regeln einzuführen.
8. Persönliche Präferenz und Authentizität
Einige Menschen empfinden das Gendern als nicht authentisch für ihren persönlichen Sprachgebrauch. Sie möchten sich so ausdrücken, wie es ihnen natürlich erscheint, ohne das Gefühl, sich einer äußeren Norm anpassen zu müssen.
Fazit
Das Gendern ist ein Versuch, gesellschaftliche Veränderungen durch Sprache sichtbar zu machen. Dennoch gibt es berechtigte Gründe, warum manche darauf verzichten. Letztlich sollte es jedem freistehen, die Sprache so zu verwenden, wie es zu den eigenen Überzeugungen und der beabsichtigten Botschaft passt – mit oder ohne Genderformen.
Was für mich persönlich wirklich zählt
Es ist an der Zeit, dass wir uns unserer Menschlichkeit bewusst werden und uns nicht in erster Linie über unser Geschlecht definieren. Gleichberechtigung ist wichtig, doch sie sollte nicht unsere einzige Priorität sein.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen